
Sein Kürzel ist Programm: km. Das passt, denn Prof. Dr. Karsten Morisse reißt Kilometer ab – auf langen Radtouren, bei Ultra-Cycling-Rennen über 1000 Kilometer und jedes Mal, wenn er in die Pedale steigt. Doch seine Kilometer enden nicht auf der Straße. Sie setzen sich fort im Repair Café in Melle, wo er seit der Gründung ehrenamtlich dabei ist. Dort bringt er nicht nur Fahrräder wieder in Bewegung, sondern auch Menschen und Ideen. Der Informatikprofessor und leidenschaftliche Radfahrer hat sich ein klares Motto auf die Fahnen geschrieben: Dinge nicht wegwerfen, sondern in Gang setzen. „Wir sind schon eine Wegwerfgesellschaft geworden“, sagt er, „aber jeder kann einen Beitrag leisten, das ein Stück weit zu ändern.“ Für ihn bedeutet das: Räder reparieren, Ketten schmieren, Schaltungen justieren – kurz: Dinge am Laufen halten. Oft reicht eine kleine Schraube oder ein fehlendes Lager, um einem Fahrrad neues Leben einzuhauchen. Und jedes Mal, wenn das gelingt, leuchten nicht nur die Augen der Besitzer*innen, sondern auch sein eigenes Gesicht.
Seine Definition von Teilhabe ist so schlicht wie kraftvoll: Teil einer Gemeinschaft sein und einen Beitrag leisten. „Ich bringe Dinge in Bewegung – im Beruf, im Familienleben und eben auch hier im Repair Café.“ Verantwortung klingt ihm zu schwer, er selbst spricht lieber vom Anpacken und Unterstützen. Dass er hier Menschen trifft, die er sonst vielleicht nie kennenlernen würde, empfindet er als Bereicherung – auch wenn er selbst zugibt, dass er nicht der Typ für große soziale Netzwerke ist. Für ihn zählt die Sache: gemeinsam gegen das Wegwerfen, gemeinsam für mehr Nachhaltigkeit. Vielfalt erlebt er dabei vor allem durch die Engagierten, die ihre Zeit und ihr Wissen einbringen. „Da sind so viele spannende Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen“, sagt er. Gleichzeitig sieht er auch, wo die Vielfalt noch wachsen könnte: „Leider sind die meisten unserer Besucher hier über 60. Die Jüngeren fehlen uns noch. Da könnten wir noch einen Gang höher schalten.“ Für ihn ist das ein Symptom dafür, dass Reparieren in der Gesellschaft an Bedeutung verloren hat. Ein Umstand, den er zutiefst bedauerlich findet.


Was ihn antreibt, jeden Monat wiederzukommen? „Es ist ein gutes Gefühl, nicht einfach alles neu zu kaufen, sondern Dinge zu erhalten. Das ist zwar nur ein kleiner Beitrag – aber wenn jeder ein bisschen etwas tut, wäre die Welt ein besserer Ort.“ Diesen Gedanken trägt er auch in seinen Berufsalltag als Hochschulprofessor. Mit seinen Studierenden diskutiert er über Nachhaltigkeit und kleine Veränderungen, die jeder im Alltag anstoßen kann. Für ihn gilt: Auch minimale Schritte bewegen etwas. Bewegung ist für Karsten Morisse ohnehin mehr als ein körperlicher Zustand – es ist eine Haltung. Ob er auf dem Rennrad durch die Landschaft fliegt, mit Studierenden über Nachhaltigkeit diskutiert oder im Repair Café einen Schraubenschlüssel ansetzt: Immer geht es darum, Dinge ins Rollen zu bringen. Kilometer für Kilometer.












